
Mt 22, 15-21
Mal ehrlich: Zahlen Sie gerne Steuern? Nein? Da geht es Ihnen genau wie mir. Aber es muss wohl sein, anders kann unser Gemeinwesen nicht funktionieren. Dann sollten wir uns das heutige Sonntagsevangelium genauer anschauen.
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gott gehört.“ Jeder kennt diesen Satz, der immer herangezogen wird, wenn es gilt, das Verhältnis von Staat und Religion zu definieren.
Natürlich war es eine Fangfrage, die die Pharisäer Jesus stellten: Darf ich dem Kaiser Steuern bezahlen? Hätte er verneint, wäre er ein Aufwiegler gegen die römische Besatzungsmacht gewesen. Hätte er bejaht, hätte er indirekt die Göttlichkeit des Kaisers anerkannt. Dazu muss man wissen: Die Steuermünze trug das Abbild des Kaisers Tiberius (14-37 n. Chr.) und die Inschrift: „Tiberius, Cäsar, des göttlichen Augustus anbetungswürdiger Sohn“.
Jesus antwortet ganz pragmatisch, und fast ist ihm die Situation, in die die Pharisäer ihn bringen wollen, lästig. Auf seine Aufforderung hin zeigen sie ihm die Steuermünze. Praktisch hat jeder sie in der Tasche, auch die ganz Frommen und Rechtgläubigen. Offenbar hat man sich mit der Staatsmacht arrangiert. Also, was soll's? Die Fragesteller haben damit die Frage selbst beantwortet.
Jesu Antwort ist eine ganz andere. Er billigt der weltlichen Macht – und sei sie wie zur Zeit Jesu noch so totalitär und undemokratisch – ihren Bereich und ihre Existenzberechtigung zu.
Er ist aber gegen jegliche Verabsolutierung der weltlichen Macht, die sich zum Herrn über Leben und Tod aufspielt und den Menschen vorschreiben will, was sie zu denken und zu glauben haben. Seine Jünger mussten dies wenige Jahre später schmerzlich erfahren, als sie wegen ihrer Überzeugung und ihres Glaubens vor Gericht standen. Ihre Antwort: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5, 29). Viele Menschen haben nicht nur in der Vergangenheit dafür mit ihrem Leben gebüßt, sondern tun es auch heute noch, nehmen Gefängnis, Folter und Vertreibung in Kauf.
Dieser Tiberius – und all die vielen anderen Herrscher in Vergangenheit und Gegenwart – betrachteten ihr Reich als Selbstbedienungsladen und die Menschen als ihr persönliches Eigentum.
Wenn Sie sich eine Luxemburger Euromünze anschauen, sehen Sie das Porträt unseres Staatsoberhauptes. Freilich kein Despot wie Tiberius. Er ist selbst an Gesetze gebunden, ist eher ein Symbol unseres Staates. Und was wir zu denken und zu glauben haben, schreibt er uns nicht vor.
„Gott sei Dank“ werden Sie denken, wir leben ja in keiner Diktatur, hier bei uns ist ja alles in Ordnung. Na, auch eine Demokratie kann ihre Kompetenzen überschreiten. Wer 51 % der Stimmen hat, hat die Mehrheit, sprich: hat die Macht. Das ist Demokratie. Er kann seine Auffassungen von Arbeitsmarktpolitik, von Steuer- und Verkehrspolitik durchsetzen. Er kann den Wohnungsbau vorantreiben und die Schule neu ordnen, Okay.
Er kann das machen, was des Kaisers ist. Wenn er sich aber einmischt in das, was gut und böse ist, bestimmen will, was geglaubt und gedacht werden soll, überschreitet er seine Kompetenzen. Nicht alles, was die Mehrheit meint und verordnet, ist für einen Christen tragbar. Ich lasse mich nicht für neutral erklären, mundtot machen, nur weil es opportun ist.
Sie brauchen keine Angst zu haben, Sie werden wegen Ihrer Überzeugung nicht verfolgt, werden höchstens belächelt, als hoffnungslos veraltet und beschränkt angesehen. Das ist ja schon ein Fortschritt.