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Channel: Service Kommunikatioun a Press - Bistum Lëtzebuerg
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Bilanz eines Lebens

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Joh 17,6a 11b-19

Was bleibt einem Menschen, der, umgeben von seinen liebsten Menschen, am vorhersehbaren Ende seines Weges in dieser Welt angelangt ist? Was bleibt, wenn alles getan und gesagt ist? Es bleibt, neben der Angst vor dem unausweichlichen Tod vor allem die Sorge, was denn dann mit geliebten Menschen passieren wird und der Wunsch, dass es ihnen doch gut ergehen möge.

Im 17. Kapitel des Johannesevangeliums finden wir Jesus in einer extremen Abschiedssituation vor. Der Verfasser des Johannesevangeliums stellt vor den Beginn des Leidens Jesu dessen große Hinwendung zu seinem Vater. Und wenn man genau hinhört, kann man Jesu Gebet als Antwort auf eben diese bangen Fragen verstehen: Wie wird es mit den Jüngern weitergehen? Wird die innige Verbindung mit Jesus, die sie bisher getragen hat, über die Trennung hinaus halten? Werden sie stark genug sein, das gemeinsame Projekt weiterzuführen, ohne dass Resignation und Zweifel sie überwältigen?

In einem großen Gebet zieht, so würde man heute sagen, Jesus die Bilanz seines Lebens. Er bestätigt das In- und Miteinander der göttlichen und menschlichen Beziehungen, aus dem heraus nur sich sein Leben für die Menschen,für die Welt erschließt. In seiner Fürsprache bindet er die Seinen nochmals in ein lebensstiftendes Beziehungsgefüge ein. Jesu Gebet richtet sich an den gemeinsamen Vater, der, wie Jesus und seine Jünger nicht von dieser Welt ist, will sagen, der Welt und ihrer Dynamik nicht unterworfen ist. Betend eröffnet Jesus diesen weiten Horizont sich und den anderen.

Die Botschaft des Gebetes ist für die Jünger bestimmt. Sie werden in das überschreitende Kommunikationsgeschehen hineingenommen und um sie geht es zuallererst in Jesu Gebet. Sie werden erinnert, dass diese Welt ihr Ort bleiben wird. Hier sollen sie, was sie als wahr erkannt haben, leben in der Haltung derer, die nicht von dieser Welt sind: in der Freiheit der Fremdlinge und der Freude der Beschenkten, die sie vor Engherzig- und -stirnigkeit bewahren wird. Sie werden dem einmal begonnenen Weg treu bleiben können, sie werden in aller Gefahr behütet sein und ihr Tun und ihre Existenz wird „geheiligt“ sein, also Bestand haben, bleiben…

Im 17. Kapitel fasst der Autor des Johannesbriefes in Jesu Gebet, das Fürsprache, Zuspruch und Versprechen in einem ist, alles zusammen, was er von Jesus verstanden hat: Keiner, der in der Beziehung, der in der Liebe bleibt, wird verloren gehen.

(Die Autorin ist Religionslehrerin an der Privatschule Fieldgen.)


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