
Mk 6,1-6
„Von dort brach Jesus auf und kam in seine Heimatstadt“. So beginnt der Text des heutigen Evangeliums. Doch er erfährt dort Ablehnung, gerade bei denen, die ihn von Kind an kennen. Spott und offene Feindschaft schlägt ihm entgegen, so dass Jesus nur sehr wenig Gutes tun konnte. Man will seine Predigt nicht hören, egal was er sagt und sei es noch so gut und interessant – nein, das wollen sie nicht.
Jesus resigniert und geht. Markus drückt seine Reaktion treffend aus: Nichts wie weg hier!
„Und er wunderte sich über ihren Unglauben…“ Dieser Schlusssatz (Mk 6,6a) bleibt im Ohr. Er erschreckt.
Ich muss dabei an eine Begebenheit denken, die sich vor einigen Jahrzehnten ereignet hat, und die mir im Gedächtnis haften blieb.
Es war 1976 an der Universität Trier. Prof. Fischer hielt eine Vorlesung mit dem Titel: „Die Einführung ins Christentum“. Ein Student fragte, in welchem Land in Europa das Christentum am meisten verschwunden sei? Albanien? Bulgarien? Oder der UdSSR? Nein, antwortete der Professor nach kurzem Nachdenken: „Das am meisten entchristlichste Land in Europa ist Luxemburg“ Wir horchten auf. Einige schauten ungläubig. Geraune. Luxemburg? Das kleine idyllische Ländchen nebenan? Wo wir unsere Zigaretten kauften, unser Benzin tankten? Wo wir im Sommer durch die Oberstadt bummelten? Wir kannten doch die Kathedrale, die Basilika in Echternach und hatte nicht jedes idyllische kleine Dörfchen seine Kirche?
Nun inzwischen lebe ich schon gut 30 Jahre in diesem Luxemburg und es ist meine Heimat geworden. Und ich weiß, dass der Professor damals recht hatte. Die Idylle trügt. Freilich gibt es hier Christen, ganz ohne Frage. Viele sogar. Aber es gibt jede Menge Unglauben. Mehr noch, wie im Evangelientext sind es offene Ablehnung und Feindschaft, die uns Christen hier entgegenschlagen.
Es scheint geradezu schick zu sein, sich unchristlich zu geben. Wer in der Politik reüssieren möchte, der ist streng „anti“ zu allem, was mit Glaube, Christsein und Kirche zu tun hat. Und wer in der Gesellschaft hipp sein möchte, modern und auf der Höhe der Zeit, der schwimmt im antireligiösen Mainstream mit. Mancher Politiker und ein Teil der Presse werden nicht müde, Antikirchlichkeit als Staatsdoktrin zu verkünden. Dass manche ihrer Argumente alte Hüte aus dem 19. Jahrhundert sind, scheint sie nicht zu stören.
Nur ein Gedankenspiel: Jesus kommt zu uns, hier nach Luxemburg, geht über den Kirchberg, schaut auf dem Boulevard Royal an den prächtigen Gebäuden empor. Würde man ihn zu Wort kommen lassen? Ihn ernst nehmen?
Zwischen den spiegelglatten Hochhausfassaden, in der Welt der Aktienkurse und des Geldes, in dieser liberalen und multikulturellen Gesellschaft, die sich bei genauerem Hinsehen oft nur als satte, in sich ruhende Bürgerlichkeit entpuppt, wäre ein Auftritt Jesu auch fehl am Platze. Man müsste zuhören, in sich gehen. Eventuell umkehren, d. h. sein Verhalten ändern.
Vielleicht haben die Leute damals in Nazareth instinktiv gespürt, dass „ihr“ Jesus etwas mehr von ihnen verlangen würde. Das würde unbequem werden. Dann lieber die Ohren zuhalten und Jesus ziehen lassen.
Nun, Jesus kommt heute nicht mehr nach Luxemburg. Wir sind da, wir haben seine Aufgabe übernommen: Seine Botschaft zu verkünden, seine Taten fortzuführen. So gut wir können. Mal gut, mal weniger gut. Und wir brauchen nicht zu verzagen, er ist bei uns.
Also, machen wir unser Bestes. Allen Lesenden einen schönen Sonntag.