
Eine große Trauer, eine tiefe Stille liegt auf dem Karfreitag. Trauer über den Tod Jesu, Stille, um das Geschehene mitzutragen und im Glauben auch in unser Leben einzubeziehen.
Die Karfreitagsliturgie lädt uns zur Kreuzverehrung ein. Wir verehren die Liebe, die Jesus in seinem Leben, Leiden und Sterben zeigt und verschenkt. Dieser Weg der Hingabe zeigt auch uns den Weg, wie wir in unserem Leid und Scheitern Zuspruch und Glauben erfahren können.
„Es ist vollbracht“ (Joh 19,30)
Auf den ersten Blick, sieht es eher danach aus, als sei alles zerschlagen: das Leben Jesu, sein öffentliches Wirken, seine Freunde, sein ganzer Körper. Geblieben sind einige wenige unter dem Kreuz, seine Mutter, Johannes und ein paar Frauen.
Das Leben von Jesus endet, wie es begonnen hat: geboren außerhalb der Stadt Bethlehem, gestorben als Geächteter am Kreuz vor den Toren der Stadt Jerusalem. Ein Ausgestoßener, der das Leben jener teilt, die ihm während seiner Verkündigungszeit am wichtigsten waren: Menschen die keinen Platz im Leben haben und sich ihrer Armut bewusst sind.
Von den Menschen verstoßen, aber nicht von Gott verstoßen. Jesus weiß sich von Gott getragen, er weiß sich im Moment des tiefsten Leidens vom Vater geliebt.
Mit einem zweiten, tieferen Blick, sehen wir, nicht alles ist zerschlagen. Jesus ist den Weg der grenzenlosen Liebe Gottes weitergegangen, bis zum letzten Atemzug am Kreuz. Er hat die Liebe zu Gott und zu den Menschen nicht aufgegeben.
Vollbracht ist ein Leben im Dienst der Liebe für Gott und für die Menschen. Ein Leben, das Menschen in der Tiefe ihres Menschseins berührt und frei macht. Die Verkündigung des Evangeliums hat vielen Menschen neue Hoffnung gegeben und das Reich Gottes spürbar gemacht in ihrem oft beschwerlichen Alltag. Diese Verkündigung hat auch in Menschen Widerstand und Ängste geweckt, die in die Entscheidung, den „Wanderprediger“ Jesus zu töten, mündeten.
Angesichts der drohenden Gefahr hätte Jesus vielleicht die Flucht ergreifen können, er hat es nicht getan. Er hätte damit sich selbst und seine Botschaft, verraten. Er ist seinen Weg gegangen im Bewusstsein, dass die Liebe Gottes, so wie alle Liebe, nur dann befreiend und Leben stiftend ist, wenn sie sich ganz verschenkt, bis zum Ende, bis zum Tod.
Gott hat den schmerzvollen Tod von Jesus am Kreuz nicht gewollt. Gott ist allmächtig in seiner Liebe und diese Liebe hat Jesus durch das Leiden und Tod hindurch getragen ins Leben. Jesus wusste, er kann auch im Tode nicht tiefer fallen als in Gottes Hände.
Diese Zusage gilt auch für uns.
Marie-Christine RIES