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Channel: Service Kommunikatioun a Press - Bistum Lëtzebuerg
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Feier des Einzugs Christi in Jerusalem – Palmsonntag

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Mit dem heutigen Sonntag beginnt die letzte Etappe auf dem Weg zur Auferstehung vom Ostersonntag. Der Weg des Gesalbten nach Jerusalem sollte in der Anschauung vieler gläubiger Juden eher ein Triumphmarsch werden. Und der Auftakt lässt in diesem Sinne Gutes erhoffen. Den Jubel dieser Tage hat etwa der Evangelist Matthäus wie in einem verschriftlichten Gedächtnis festgehalten: „Gepriesen, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel.“ (Mt 21,9)

Doch kaum sind wir bereit, uns in die Jubelarien miteinzuklinken, bekommt dieses triumphale Bild Risse. Jesus zieht auf einem Esel ein. Einem Symbol der Bescheidenheit, Demut und Friedfertigkeit. Die Tonart der Lesungen lässt schon erahnen, dass Gottes Erlösungsplan ein anderer ist. Mit der Welt und für die Welt – und trotzdem fundamental anders. „Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich auf ihn höre wie ein Jünger. Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet.“ (Jes 50, 4-5) Gott beruft immer wieder Menschen in seine Nachfolge, die das leise Säuseln der Reich-Gottes-Werdung unter uns sinnlich wahrnehmen. „Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ (Phil 2, 6-7) Der Weg Gottes mit Jesus ist jedoch ein Weg, eine Karriere nach unten.

Wer begreift, dass Gott im Leiden Jesu selbst die Macht aller Finsternis, des Todes und der Zerstörung untergräbt, damit das Leben ein für alle Mal gesichert ist, der ahnt, dass dieser Weg einer der totalen Selbstentblößung und Erniedrigung sein wird. Vor das Licht des Ostersonntages hat Gott das ganze Drama von Verleugnung, Verrat, Einsamkeit, Gefangennahme, Verurteilung, Folter, die Farce eines juristischen Prozesses und schließlich die Beerdigung gestellt. Alles das gehört zu dem Tal, das Jesus in der Karwoche durchwandert und wir mit ihm. Leid, Tod, Zerstörung werden nicht abgeschafft, ihre Macht und Wirksamkeit ist ihnen aber durch das ganze (Erlösungs-)Geschehen um Jesus entzogen worden. Angst und Machtlosigkeit werden nicht aus unserem Leben getilgt. Wir können sie vertrauensvoll, klagend, schreiend, mit einem Lachen, wütend oder protestierend Gott übergeben. Aber im Moment, in dem wir sie wirklich an ihn abgeben, ersterben sie und es kann daraus Neues erwachsen. Im Weg durch die eigene Nacht beginnt die allumfassende Heilung, vor allem von der großen Wunde der Sterblichkeit. Wer sich selbst und die Macht der Zerstörung und des Todes im eigenen Spiegel betrachtet hat, den hat diese Begegnung zumeist aufgebrochen und befähigt, sich im konkreten, wie im übertragenen Sinn, die Füße waschen zu lassen und anderen zu waschen. Ein Bild, das in mir auftaucht, ist das eines bekannten Jesuiten: Intelligent und promoviert in neutestamentlicher Exegese, wird er von seiner Gemeinschaft, nach Beendigung seiner Studien, für mehrere Wochen auf den Frankfurter Flughafen geschickt, um zusammen mit Menschen unterschiedlichster Kulturen als Billiglohnarbeiter Koffer zu schleppen. Seine Verkopftheit und sein Stolz erstarben in ihm in dieser Zeit und es erwuchs daraus großes Mitgefühl mit ausgegrenzten Menschen und es prägte sich ein wacher Sinn für strukturelle Ungerechtigkeit bei ihm aus. Der Priester sagte, dass Gott für ihn nun ein anderer sei. Gott ist da, er ist bereit, mit uns durch die Dramen unseres Lebens zu gehen und uns ins Licht und nicht hinters Licht zu führen. Sind wir bereit, uns mit ihm auf den dornigen Weg zum lichtreichen Ziel einzulassen?


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