
Das Glaubensbekenntnis der frühen Christen in die Sprache der jeweiligen Zeit zu übersetzen, bleibt eine stets aktuelle Aufgabe und Herausforderung. Für dieses kleine Buch mit dem schlichten Titel „Credo“ haben sich die Professorinnen und Professoren der theologischen Fakultät der Universität Freiburg zusammengefunden.
Anders als es der Untertitel vermuten ließe, beschäftigt sich ein Großteil des Buches zunächst aber gar nicht mit Inhalten des Glaubens, sondern mit dem Phänomen des Glaubens selbst. Knapp die Hälfte der Beiträge geht der Frage nach, was Glaube eigentlich ist, sein kann oder sein sollte. Dass Glaubenswissen nur die eine Seite des Glaubens ist, stellt Peter Walter fest, der im Glauben v.a. eine Grundhaltung der zuversichtlichen Perspektive auf die Welt sieht. Karl-Heinz Braun versteht den Glauben als Bewusstsein aus Erfahrungen, Kenntnissen, Überzeugungen und Bestrebungen, die sich im Inneren des Menschen entwickeln. Auch das Handeln aus Glauben darf sich daher nicht in äußerem Tun und Verhalten erschöpfen, sondern ist angewiesen auf eine innere Beziehung zu Gott. Dagegen weist Eberhard Schockenhoff auf eine doppelte Gefahr hin, christliche Identität zu verfehlen: Indem der Glaube entweder auf Moral reduziert – oder ganz von dieser getrennt wird. Beides verkürzt aber den untrennbaren Zusammenhang zwischen Glauben und Handeln, welcher mit der Botschaft von der Liebe Gottes zu den Menschen gegeben ist, denn damit ist zugleich dem Menschen Vergebung und Erlösung zugesagt wie die Nächstenliebe als Ausdruck der Gottesliebe zur unverzichtbaren Forderung wird. Ulrich Dahmen erinnert daran, dass der christliche Glaube nur in der Rückbindung an das Judentum und an die Bibel Israels überhaupt verständlich ist – Jesus selbst sah sein Leben als Erfüllung der Schrift an, darum muss auch der christliche Glauben in der Kontinuität zum Alten Testament verstanden werden.
Weitere Beiträge werfen dann Schlaglichter auf einzelne Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses (wobei „auferstanden von den Toten“ auffälligerweise fehlt – hat sich da niemand von den Autorinnen und Autoren herangetraut?). In seinem Beitrag über Gottvater, den Allmächtigen, weist Markus Enders darauf hin, dass die Heilige Schrift mehrmals ausdrücklich erklärt, für Gott sei nichts unmöglich, dass Allmacht aber nicht missverstanden werden darf als Möglichkeit, in sich Widersprüchliches zu wirken. Helmut Hoping zeigt, inwiefern der biblische Schöpfungsgedanke und die Evolutionstheorie keine Gegensätze sein müssen. Sehr erhellend ist Bernhard Uhdes kurzer Text über die Menschwerdung Gottes, in dem er „empfangen durch den Heiligen Geist, geboren aus der Jungfrau Maria“ erklärt als „Zusammenkommen der vollkommenen Gnade Gottes und der vollkommenen Zurücknahme des menschlichen Willens“. Dass die drei kargen Worte „gelitten, gekreuzigt, gestorben“ für die höchste Entäußerung Gottes stehen, „dass in der Mitte unseres Glaubens ein Geschundener steht“, zeigt in eindringlichen Worten Mirjam Schambeck. Schließlich hält Klaus Baumann fest, dass auch der heute ziemlich unpopuläre Gedanke vom „Endgericht“ für den christlichen Glauben nicht verzichtbar ist, verbiete sich doch „schon um der unschuldigen Opfer willen jedes betulich fromme ‚Schwamm drüber‘ einer flachen ‚Allerlösung‘.“
In all diesen und noch einigen weiteren Beiträgen werden die prägnanten Formulierungen des Apostolischen „Credo“ in einen größeren, biblisch und theologisch erklärten Kontext gestellt. Vor allem geht es jedoch immer auch darum, was der christliche Glaube in all seinen Facetten für das Leben des Einzelnen bedeutet. So kann das Buch selbst viele Anregungen geben, Glaubenswissen in einen gelebten Glauben zu überführen. Die Kürze der Texte zwingt die Autorinnen und Autoren natürlich dazu, sich auf eine bestimmte Perspektive zu konzentrieren – das kann die Leser/innen auch einmal zu einer Ergänzung oder gar Widerspruch provozieren, zu weiterem Nachsinnen anregend sind die Gedanken jedoch allemal. (Sankt Michaelsbund)
Credo. Das Glaubensbekenntnis für heute erschlossen.
Herder Verlag, 2015, 96 Seiten.
Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.