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In scheinbar ausweglosen Situationen muss die Hoffnung im Menschen selbst aktiviert werden

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Die burundische ONG „Maison Shalom“ feiert vom 3. bis 10. Dezember 2013 ihren 20. Geburtstag – in Luxemburg. Im Vorfeld sprachen wir mit Patrick Godar, Administrateur-délégué der Stiftung, über die langjährige Beziehung zwischen dem von Maggy Barankitse gegründeten Werk und Partnern aus Luxemburg, über Projekte und das Programm der Festwoche.

Die burundische Nicht-Regierungsorganisation „Maison Shalom“ wurde vor exakt 20 Jahren von Maggy Barankitse ins Leben gerufen. Partner in Luxemburg, darunter die Stiftung „Bridderlech Deelen“, nehmen dies zum Anlass während einer Woche Anfang Dezember mit Aktivitäten auf den runden Geburtstag der ONG aufmerksam zu machen.

Patrick Godar, ist es nicht ungewöhnlich, den Geburtstag eines ausländischen Kooperationspartners in Luxemburg zu feiern?

Es ist in der Tat ungewöhnlich und die Maison Shalom hat ihr Jubiläum auch selbst am 31. Oktober gebührend in Ruyigi (Burundi) gefeiert. Verschiedene luxemburgische Organisationen unterstützen die Maison Shalom seit vielen Jahren und wir fanden es sinnvoll, diese Zusammenarbeit den Spenderinnen und Spendern zu zeigen. Das Jubiläum ist eine Gelegenheit, die gute Arbeit unserer Partnerin „Maison Shalom“ zu zeigen und uns mit ihnen über die erreichten Ziele zu freuen. Bei den zukünftigen Herausforderungen die noch auf die Maison Shalom zukommen werden, wollen wir den Menschen im Burundi und besonders der Maison Shalom unsere weitere Unterstützung zusichern.

Was zeichnet die „Maison Shalom“ und ihre Gründerin im Besonderen aus? Was können wir von ihnen lernen?

Die Maison Shalom ist eine gewachsene Struktur, die aus einem grausamen Bürgerkrieg heraus den mutigen Schritt zu Versöhnung und Heilung gewagt hat. Bemerkenswert ist es, dass zu Beginn mehrheitlich Kinder und Jugendliche, die das Trauma der Massaker erlebten, sich quasi selbst betreuen mussten. Auch wenn dies zu Beginn mit Hilfe einiger weniger engagierter Erwachsenen geschah, die nachher als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Institution Maison Shalom arbeiteten, so bleibt es doch aussergewöhnlich. Wenn man heute die Zahl von 50.000 Kindern und Jugendlichen hört, denen in irgendeiner Form von der Maison Shalom geholfen wurde, fragen wir uns wie die Kinder das schafften. Wieviele Erwachsene wären für eine so große Zahl nötig gewesen?
Maggy Barankitse, die Gründerin der Maison Shalom begann damit, ab dem Jahr 2000 sogenannte „Fratries“ zu bauen, das sind einfache Häuser für Gruppen von bis zu 8 Minderjährigen (gemischt aus den Ethnien Hutu, Tutsi und Batwa, Jungen und Mädchen) mit einem kleinen Garten. Die Kinder mussten aber selbst alle täglichen Arbeiten bewältigen, die oder der Älteste war der Familienvorstand. Für Maggy war es wichtig, keine Waisenhäuser zu erschaffen, wo die Kinder in der Anonymität versinken und Zuwendung für den Einzelnen sich eher als schwierig erweist.
Daraus können wir lernen, dass Menschen in Not ihre eigenen Lösungen suchen und finden, und dass wir unsere Unterstützung zuerst als eine hörende und beratende Begleitung sehen müssen. Wir lernen mit Sicherheit, dass in verzweifelten und scheinbar ausweglosen Situationen die Hoffnung im Menschen selbst aktiviert werden muss und – mit Maggy gesprochen – dass wir auf die Vorsehung Gottes (la „Sainte Providence“) vertrauen sollen. Ein weiteres ist sicher die Erkenntnis, dass man eine Wurzelbehandlung des Übels unterstützen soll und nicht sich damit begnügen, Heftpflaster auf geschlagene Wunden zu kleben. „Je suis fatiguée de réparer les pots cassés“, sagte Maggy vor einigen Jahren und baute - zum Schrecken Vieler - ein Krankenhaus, um die Mütter zu stärken und zu pflegen, damit es weniger Waisenkinder geben soll. Auch hier hat Maggy die Sorge um die ganze Bevölkerung mitgetragen, aber die Rettung der Mütter war das ausschlaggebende Moment. CSI Luxemburg hat in diesem Projekt u.a. die Maternité und den Operationsblock finanziert.

Bridderlech Deelen ist seit vielen Jahren in Burundi aktiv. Wie ist es zum ersten Kontakt mit Maggy Barankitse gekommen? Welche Projekte standen zunächst im Vordergrund?

Der erste Kontakt war 1999 im Büro von Bridderlech Deelen. Eine Freundin von Maggy, Françoise Reuter, stellte sie uns vor und der Funke ist sofort übergesprungen. Das erste Projekt war die Unterstützung vom Bau von „Fratries“ die dringend benötigt wurden, um die Tausende von Kindern und Hunderte von Babys zu beherbergen. Gleichzeitig konnten wir die Caritas dafür gewinnen, Milchpulver zu kaufen für über 270 Neugeborene, um die sich die Maison Shalom kümmern musste, weil ihre Mütter an AIDS oder Schwäche bei der Geburt gestorben waren.

Und heute? Welches sind die aktuellen Projekte?

Von Luxemburg aus wird eine ganze Reihe von Projekten gefördert:

  • Die Fondation Bridderlech Deelen unterstützt zusammen mit Caritas und Hogar de Cristo die wirtschaftliche und soziale Wiedereingliederung von Jugendlichen in ihre Familien und die Stärkung von Dorfgemeinschaften sowie den Bau von weiteren „Fratries“.
  • Die Fondation du Grand-Duc et de la Grande-Duchesse arbeitet für den Schutz der Kinder, die in burundischen Gefängnissen sind und ihre Betreuung, wenn sie aus den Gefängnissen entlassen werden.
  • CSI unterstützt die Weiterbildung des Pflegepersonals im Krankenhaus REMA (ein Projekt der Maison Shalom).
  • Die Fondation François-Elisabeth organisiert vor Ort die Weiterbildung der Ärzte vom Krankenhaus REMA. Eine weitere paramedizinische Ausbildung wird nächstes Jahr von „Les Amis Ayudame“ durchgeführt.

Es soll dabei nicht vergessen werden, dass die meisten Projekte vom Luxemburger Kooperationsministerium kofinanziert wurden und werden.

Die Maison Shalom verwirklicht darüber hinaus noch viele andere Projekte mit anderen Hilfsorganisationen. Sie besteht dabei auf eine ganzheitliche Sicht der Probleme, die nicht in „Kategorien zerlegt“ werden können sondern möglichst breit angegangen werden müssen. Dies ist eine weitere Lektion die wir von unserer Partnerin lernen, auch wenn die ganzheitliche Sicht eine größere finanzielle Unterstützung bedingt. Vom Ansatz her sind wir hier jedoch im Herzen der katholischen Soziallehre: im Mittelpunkt stehen der Mensch in seiner Ganzheit und alle Menschen.


Neben der Ausstellung „Wind of change“ und Konferenzen in Schulen sowie bei der ACFL sind auch kirchliche Aktivitäten im Festprogramm vorgesehen...

Maggy Barankitse ist eine Frau, die aus ihrem Glauben heraus die Kraft schöpft, eine Mammutarbeit zu tragen und dabei andere zu motivieren, sich für „ihre“ Kinder einzusetzen. Das Jubiläum Ende Oktober 2013 im Burundi begann mit einem Gottesdienst, weil der Glaube für Maggy und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Quelle der Kraft und der Gottesdienst ein Ort des Dankes ist. Wohlgemerkt ist die Institution „Maison Shalom“ keine religiöse Organisation und arbeitet bewusst neutral für Versöhnung zwischen den Ethnien und Religionen. Ich erinnere mich wie Maggy mir zu Beginn unserer Zusammenarbeit sagte, dass sie bei den Waisenkindern immer versuchen herauszufinden, aus welcher Familie sie kommen, ob die Eltern religiös waren und welcher Religion sie angehörten. Dementsprechend wurde dafür gesorgt, dass das Kind auch in dieser Tradition erzogen wurde.

Aus ihrem persönlichen Glauben heraus ist es daher ebenso selbstverständlich, dass Maggy und die Delegation aus dem Burundi auch teilnehmen an einem Gottesdienst am Samstag, dem 7. Dezember, um 17:30 in Differdange-Fousbann und in der Kathedrale am Sonntag, dem 8. Dezember, um 18:00.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass der Erfolg von Maggy's Wirken in diesem unerschütterlichen Fundament des christlichen Glaubens wurzelt, der das „Trotzdem“ einem brutalen und menschenverachtenden Bürgerkrieg entgegengesetzt hat und das persönliche Engagement, die notwendige und not-wendende Kompetenz aus der göttlichen Kraft der Liebe schöpft. Der Titel einer Biographie über Maggy Barankitse heißt in diesem Sinne auch: „La haine n'aura pas le dernier mot“.

Wie wichtig ist es für „Bridderlech Deelen“ einen Partner zu haben, der auf demselben religiösen Fundament steht und von christlichen Werten geleitet wird?

Die Fondation Bridderlech Deelen arbeitet auf der Grundlage der katholischen Soziallehre und unterstützt Menschen in Not. Die lokalen Partnerorganisationen müssen aber nicht auf demselben religiösen Fundament stehen, um von der Fondation Bridderlech Deelen in ihrer Suche nach Lösungen unterstützt zu werden. Es bleibt natürlich für uns eine Freude mit christlichen Organisationen zusammen zu arbeiten und mit ihnen ein konkretes Zeugnis abzulegen von unserem Glauben, „damit sie das Leben in Fülle haben“ (Joh. 10,10). Ich will hier Dorothee Sölle zitieren: „aus dem Glauben an das Leben der Welt, das mir in dem armen Mann aus Nazareth begegnet ist, der weder Reichtum noch Waffen besaß. Dieser arme Mann stellt das Leben der Welt vor unsere Augen und weist uns auf den Grund des Lebens hin, auf Gott. Christus ist die Exegese Gottes, die Auslegung, die uns verstehen macht, wer Gott ist (Joh 1,18). Ich meine das nicht im Sinne eines religiösen Imperialismus, als gäbe es keine anderen Auslegungen Gottes in anderen Religionen, wohl aber im Sinne einer unbedingten Verpflichtung, uns auf diesen Jesus Christus einzulassen, wenn wir das Leben der Welt und nicht den Tod suchen.“
Hass bringt nur Tod aber Liebe ermöglicht und fördert Leben. Auch in diesem Sinn stimmt Maggy's Überzeugung: „La haine n'aura pas le dernier mot“.

Letzte Frage: Welche Aktivität sollte das interessierte Publikum in dieser Festwoche auf keinen Fall verpassen?

Wir werden in diesen Tagen vom 3.-10. Dezember eine geschenkte Zeit erleben, in der uns Menschen die durch ihre Erlebnisse allen Grund der Welt hätten zu verzweifeln, eine Botschaft der Hoffnung und des Friedens vermitteln. Es ist sowohl eine weihnachtliche Botschaft als auch eine österliche Verkündigung. In dieser Woche gibt es einige Momente, die sehr zu empfehlen sind:

Am 3. Dezember werden wir Maggy Barankitse und Richard Nijimbere hören, den Film „Don Bosco's Guitar“ sehen und die Ausstellung „Wind of Change“ im Beisein von Betroffenen dieser Leidens-und Hoffnungsgeschichte eröffnen. Die Ausstellung kann dann noch bis zum 10. Dezember in der Abtei Neumünster besucht werden.

Am 4. Dezember legen Maggy und Richard in der Benediktinerabtei Clervaux um 16:00 ein „Témoignage“ ab.

Am 5. Dezember wird die Vize-Präsidentin der Maison Shalom, Aline Ndenzako, den Film „Sweet Dreams“ im Rahmen des Cinéma du Sud um 18:30 im Utopia kommentieren.

Am 7. Dezember feiert die Delegation aus Burundi zusammen mit der christlichen Gemeinschaft Differdange-Fousbann einen Gottesdienst um 17:30.

Am 8. Dezember feiern wir gemeinsam mit dem Erzbischof Jean-Claude Hollerich einen Gottesdienst um 18:00 in der Kathedrale.

Vom 9 bis 10. Dezember kann man am Stand des Weihnachtsmarktes in der Hauptstadt beim „Roude Pëtz“ Handwerk kaufen, das Maggy aus dem Burundi mitbringt; der Erlös kommt den Projekten der Maison Shalom zugute.


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